16.10.2004
MASSIVE VORWÜRFE GEGEN DEN TSV ZELLA-MEHLIS
Rassistische Gesänge übelster Sorte in der Umkleidekabine

 



VON CHRISTOPH WITZEL
MÖCKERS – Die Vorwürfe sind massiv: Nach dem Punktspiel der Fußball-Kreisliga Werra-Rennsteig zwischen Möckers und dem TSV Zella-Mehlis (3:0) sollen Spieler der Gäste am vergangenen Sonntag in der Umkleidekabine rassistische und nationalistische Gesänge der übelsten Sorte angestimmt haben. Behauptet zumindest der Möckerser Leo Kreißl, Mitglied des Kreisfußballausschusses und Staffelleiter der 1. Kreisklasse.


„Wir bauen eine U-Bahn von Möckers nach Auschwitz!“ Das hätten Spieler des TSV unter der Dusche gesungen, sagt Kreißl, und einer habe danach gesagt: „Es geht billiger, wir haben ja bald die Müllverbrennungsanlage.“ Der Spieler Steven Beer habe noch hinzugefügt: „Damit wir sie besser kleinkriegen, können wir sie auch gleich in einen Toaster stecken.“ Leo Kreißl: „Ich bin über fünfzig Jahre im Fußballsport tätig, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt.“

Nach einer umstrittenen Roten Karte für einen Gästespieler eskalierte offenbar das Spiel und auch das Geschehen danach. Schiedsrichter Siebrandt aus Immelborn sei von Gästespieler Stefan Frank bereits auf dem Platz auf die Hand geschlagen worden, und das Schiedsrichtergespann inklusive Kreißl als Schiedsrichter-Betreuer sei von Steven Beer bedroht und aufgehalten worden, als es nach dem Spiel mit dem Auto habe wegfahren wollen. Kreißl selbst erhebt die Vorwürfe, weil er die Ereignisse persönlich mitbekommen habe, als er vor der Schiedsrichterkabine wartete.

Der Vorsitzende des TSV Zella-Mehlis, Peter Freche, wohnte dem Spiel nicht bei, wurde aber von Kreißl noch am Sonntagabend telefonisch informiert. Sein Abteilungsleiter Jürgen Dittmann habe ebenfalls nicht alles mitbekommen, da er den Sportplatz frühzeitig habe verlassen müssen. „Ich sehe die Vorwürfe als überzogen an“, sagte Freche gegenüber der stz. „Man kann nicht alle über einen Kamm scheren. Ich verwahre mich strikt gegen die Vorwürfe des Rassismus und Nazismus.“

Abteilungsleiter Dittmann, der laut Freche der Sache nachgehen sollte, wollte sich gestern nicht zu der Angelegenheit äußern. Er sei dienstlich unterwegs gewesen und gebe telefonisch keine Auskunft. Damit lässt der TSV Zella-Mehlis massive Vorwürfe beinahe eine Woche lang im Raum stehen.

Ist aus den Vorfällen eine Tendenz abzuleiten? Andreas Herzberg, Trainer des Landesligisten FSV Ulstertal Geisa, glaubt das nicht. Bis vor zwei Jahren hat der dunkelhäutige Togolese Muhammed el Amin Adam bei dem Rhöner Klub gespielt, und man habe weitgehend keine schlechten Erfahrungen gemacht, was rassistische Äußerungen gegenüber Adam angehe, so Herzberg. „Auf manchen Plätzen hat man schon versucht, gerade ihn zu provozieren. Gerade im Meininger Raum. Die sind da unten ein bisschen neben der Kappe.“ Herzberg sieht aber weniger einen rassistischen Hintergrund als vielmehr „dummes Fangehabe“. „Wir haben Adam auch gesagt, dass das nur dumme Provokationen sind und dass er die wegstecken muss. Und das hat er dann auch prima gemacht.“

 
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